Die Ursprünge des Schlosses gehen zurück auf das Geschlecht der Lappes, eine Familie, die sich wahrscheinlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts in dem kleinen Ort Ritzebüttel niederließ. Als
Grundherren konnten sie über erhebliche Ländereien in diesem Raum frei verfügen und lebten von den Abgaben und Diensten der von ihnen abhängigen Bauern.
Als Zeichen ihres Machtanspruchs und um im Angriffsfalle Schutz zu finden, errichteten die anfangs wirtschaftlich durchaus erfolgreichen Lappes um 1340 ein festes Gebäude, das sie erstmals in einer Urkunde des Jahres 1342 als „Steenborg“ – Steinburg – bezeichneten.
Die Burg war aber noch keineswegs so gewaltig, wie sie heute dasteht, obwohl die Innenmaße des Schlosses tatsächlich noch auf die Lappes zurück gehen: So lässt sich lediglich eine zweigeschossige Bauweise von 10 m x 16 m mit Holzbalkendecken und eine Mauerstärke von rund 1,4 m nachweisen.
Etwa in der Mitte des 14. Jahrhunderts begann der wirtschaftliche Niedergang der Lappe-Familie.
Aus der zunächst partnerschaftlichen Beziehung der Lappes zum Stadtstaat Hamburg entwickelte sich nach und nach ein immer tieferes finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Schließlich nutzten die Hamburger einen Zwischenfall auf der Insel Neuwerk, um an der Elbmündung „klare Verhältnisse“ zu schaffen. Sie besetzten das Gebiet militärisch und kauften den Lappes 1394 ihr Gebiet und ihre Burg „mit allen Rechten und Zubehör“ ab.
Unmittelbar danach begannen die Hamburger, das Gebäude für ihre Zwecke umzubauen; aus der Steinburg wurde das Schloss und aus der Grundherrschaft wurde – für über 500 Jahre als hamburgische Exklave – das Amt Ritzebüttel.
Praktisch sofort begannen die Hamburger ihr neu erworbenes „Kleinod“ auszubauen.
So nahm im ausgehenden 14. Jahrhundert der auch heute noch so dominante Wehrturm seine Gestalt an, nun ausgestattet mit fünf Geschossen, rund drei Meter starken Mauern und – vermutlich - einem hohen Walmdach.
Das Gebiet wurde zum „Hamburgischen Amt Ritzebüttel“ erklärt und das Schloss bildete fortan den Verwaltungsmittelpunkt. Folgerichtig bezog im Jahre 1400 der erste Amtmann, Ludolph Wulffhagen, das Schloss und übte über Amt und Untertanen für Hamburg die Landeshoheit aus. Die Zeiten brachten eine ganze Reihe bedeutender Amtmänner hervor, drei von Ihnen – Barthold Heinrich Brockes, Amandus Augustus Abendroth und Gustav Heinrich Kirchenpauer – sind wohl besonders zu nennen.
Schon im Verlauf der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts musste den Fortschritten in der Kriegstechnik Rechnung getragen werden: Mit großem Kostenaufwand erweiterte und modernisierte Hamburg die Befestigungen am Schloss. Der alte Burggraben wurde zugeworfen und in weiterem Abstand vom Turm der heute noch erhaltene Erdwall angelegt, an dessen Fuß ein breiter, tiefer Graben entstand.
Die schrittweise Errichtung verschiedener Nebengebäude dürfte auch in dieser Zeit beendet worden sein, denn Ende des 16. Jahrhunderts wurde bereits von einer recht stattlichen Schlossanlage berichtet, zu der neben dem eigentlichen Turm das Büchsenhaus, die Wehr, das Brauhaus, das Bade- und Waschhaus, der Stall, das sog. Neue Haus, das Sprechhaus und das Gerichtshaus gehörten.
Ein erster Anbau direkt an das Schloss, der also das Aussehen des Wehrturms stark veränderte, wird allgemein in das Jahr 1616 datiert. Dieser Fachwerkbau, der mit seinen drei Türmchen auf dem Dach durchaus an das Hamburger Wappen erinnerte, galt allerdings schon nach gut hundert Jahren als baufällig und wurde 1752 durch einen massiven Ziegelbau ersetzt, mit dem das Schloss sein heutiges Gesicht erhielt.
Etwa seit dieser Zeit begannen die Amtmänner, die nicht mehr zeitgemäßen militärischen Anlagen zunächst zu vernachlässigen und dann bewusst zurück zu bauen. Wälle wurden eingeebnet, Gräben zugeschüttet, so dass nach und nach eine friedliche Parkanlage entstand, in die hinein nun Gebäude errichtet wurden, die nicht mehr militärischen, sondern zumeist Verwaltungszwecken dienten.
1937 wechselten Amt und Schloss den Eigentümer: Im Zuge des so genannten „Groß-Hamburg-Gesetzes“ ging das komplette Amt mit Ausnahme eines kleinen Hafenbereiches von dem Stadtstaat Hamburg an das Land Preußen über. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Auflösung des Landes Preußen fiel das Gebiet 1947 an das neu geschaffene Land Niedersachsen.
Nach längeren Verhandlungen wurden auf Wunsch der Stadt Cuxhaven schließlich im Rahmen eines Grundstücktausches das Schloss mit allen Nebengebäuden und dem gesamten Areal 1981 vom Land Niedersachsen auf die Stadt Cuxhaven übertragen.
Im Bewusstsein, dass das Schloss zu den letzten spätmittelalterlichen Profanbauten Niedersachsens zählt, wurden die nun folgenden umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten von Beginn an durch archäologische und baugeschichtliche Untersuchungen begleitet. 1996 konnten die Arbeiten am Schloss beendet werden. Die Instandsetzung der Nebengebäude bis auf den Marstall ist trotz großer finanzieller Engpässe in den letzten Jahren erfolgreich durchgeführt worden.
Heute hat die Stadt Cuxhaven das Schloss hauptsächlich kulturellen Zwecken zugeführt, wobei der Verein „Bürger für das Schloß Ritzebüttel“ die Stadt nach Kräften unterstützt. Mehr über die Geschichte der Stadt Cuxhaven erfahren sie in unserem Buch.
Fotos: Bernd Schlüsselburg